Das frühe Mittelalter

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von Udo Liessem

Die frühmittelalterliche Epoche von Rübenach ist durch Aufdeckung des erwähnten fränkischen Reihengräberfeldes in einigen Punkten erhellt worden. Von dem 1100 – 1200 Bestattungen umfassenden Gräberfeld konnten knapp drei Viertel freigelegt werden, so dass verbindliche Rückschlüsse zulässig sind. Mit Recht behaupten die Ausgräber, dass die hier bestatteten Toten als Zugehörige einer Siedlungsgemeinschaft anzusehen sind. Das Gräberfeld ist in mehreren Schüben belegt worden, die mit Phase A (um 480) beginnen und mit Phase D (bis um 700) aufhören. Am bedeutsamsten ist Grab 47 (Phase A) mit der dazugehörigen Pferdebestattung, Grab 46. Auf das erstgenannte, das mit einem Tumulus überdeckt war, sind alle späteren Beisetzungen ausgerichtet worden bzw. nahmen darauf Rücksicht. In Grab 47 ist das Gründergrab zu sehen; ein frühmerowingisches Herrschergrab. Auch die weiteren Tumulusgräber sind einer früheren Familie zuzuordnen.

Die durchschnittliche Einwohnerzahl von Rübenach mag während der Belegungsphase A (um 480 bis ca. 560) etwa 119 Personen umfasst haben. Bereits ein Jahrhundert später, zur Zeit der Belegungsphase B und C (um 560 bis ca. 675), hat sich die Einwohnerzahl mehr als verdoppelt ( etwa 240 Personen).

Ausgangspunkt der Entwicklung bilden Kirche, der später sogenannte Maximiner Hof und das Burghaus. Der ganze Komplex, heute durch die Maximinstraße getrennt, muß wie schon gesagt, als eine Einheit betrachtet werden. Südlich hiervon entwickelte sich dann der Ort. Nach Neufert-Müller/Ament istdie Ansiedlung Rübenach, der der Reihengräberfriedhof zuzurechnen ist, schon von Beginn an als „Dorf“ zu bezeichnen, doch räumen sie ein, „dass man sich den dem Frankenfriedhof von Rübenach zuzuordnenden Siedlungskomplex nicht als Dorf, sondern als eine Art Tallandschaft am oberen Bubenheimer Bach, als Herrenhof mit Außenwerk, vorstellen kann“. Nach Böhner sind die einer Gemarkungsgröße von 1200 – 2300 ha mit drei oder vier fränkischen Hofstätten zu rechnen. Rübenach hatte 1281 ha. Nach eindeutiger Aussage der Flurnamen liegt in der Quellmulde des Bubenheimer Baches eine Wüstung „Sendenich“, eine zweite findet sich ebenfalls in einer Quellmulde, die zu dem südlichen, namenlosen Bach gehört, der sich unterhalb der Dorflage mit dem Bubenheimer verbindet: „Zaumheim“. Neufert-Müller/Ament folgend kann man „das Bestehen dieser Siedlung schon für merowingische Zeit annehmen“. Eine dritte, bisher unbekannte Wüstung, die durch Ausweis der Scherben mindestens seit karolingischer Zeit besiedelt war, ist nördlich des Gräberfeldes, neben der Autobahn zu lokalisieren, ohne das die Flurnamen einen diesbezüglichen Hinweis geben würden. Die Flur heißt 1789 „hinter dem Thurm“. (Oder sollte mit dem „Thurm“ an ein früher dort befindliches festes Gebäude erinnert werden?) Für die beiden Wüstungen „Sendnich“ und „Zaunheim“ ist trotz intensiver Suche und jahrelanger Beobachtung kein Friedhof gefunden worden, wir haben möglicherweise in dem Reihengräberfeld von Rübenach den „zentralen Bestattungsplatz einer Grundherrschaft“ zu sehen. In diesem Zusammenhang ist zu bemerken, dass Pauly in Rübenach „eine auf Grundherrschaft entstandenen Pfarrei“ erkannt hat.

In karolingischer Zeit ist Rübenach zum ersten Male urkundlich nachweisbar. Zwischen 775 und 782, spätestens aber 786 schenkt König Karl. Der spätere Kaiser Karl der Große dem Kloster Hersfeld „in Andernacho et in Ribenahcho et in Gulse et in Meinsfelde capell(as) III, hub(as) V, m(ansus) X“ (= in Andernach, Rübenach, Güls, Mensfeldern (bei Limburg) drei Kapellen, fünf Hufen, zehn Mansen). Wie Pauly glaubhaft darlegen konnte, gehört der Ort ursprünglich „zum ältesten Bestand der Fiskalpfarrei Koblenz“. Der Rübenacher Besitz muss der Reichsabtei wieder entfremdet worden sein, vielleicht hat sie ihn aber auch nur gegen günstiger gelegene Gebiete eingetauscht, denn 888 schenkt König Arnulf „zu Regensburg“ auf Bitte des Grafen Megingoz das Dorf Rivinacha im Gau Meinfeld (Maifeldgau) in dessen Grafschaft, mit der Kirche, Zehnten, Hof, Gebäuden , Mansus, Einwohnern und Hörigen, Feldern, Äcker, Wiesen, Weiden, Waldungen, Wasser und Wasserläufen, Mühlen, Wingerten und allen anderen genannten Zubehörungen, namentlich auch mit der Fischerei in (der) Winninger Gemarkung (= In der Mosel bei Winningen) und dem Wald am Conderbach (= Conderbach-Tal) an die Abtei S. Maximin bei Trier. Wenn auch die Urkunde von 888 eine Fälschung darstellt, so ist sie inhaltlich nicht anfechtbar. Es erscheint bemerkenswert, dass die Reihenfolge der Nutzungsmöglichkeiten der Gemarkung mit den Feldern und Äckern beginnt und das die Wingerte zu letzt gennant werden. Diese Aufzählung ist bewusst so durchgeführt worden, denn, wie auch Jungandreas nachweist, war Rübenach ein überwiedend Ackerbau treibender Ort. Auch der Wald spielte stets eine bedeutende Rolle im Wirtschaftsleben  des Ortes; es braucht hier nur an die Waldweidewirtschaft erinnert werden. Noch im 19. Jahrhundert bildete der Wald eine der Haupteinnahmequellen des Dorfes. 1856 werden 200 Morgen Wald abgeholzt, um das notwendige Geld für den Kirchenneubau zu bekommen.

Die Schenkung ist mehrfach erneuert bzw. bestätigt worden: 893 durch König Arnulf; 897 durch König Zwentibold; 912 durch König Karl III.; 962 durch Kaiser Otto I.; 1031 durch Papst Leo IX.; 1140 durch Papst Innozenz II. Die letztgenannte Urkunde war „auf Bitte des Abtes Siger“ zustande gekommen; das war derselbe Abt, der 1153 „in curia nostra Rivenache“ urkundete. Im Maximiner Urbar, um 1200, wird die Grundherrschaft Rübenach, die die Ortsgemarkung umfasst, ausführlich umschrieben.

Die bereits vor erwähnten drei Wüstungen Zaunheim, Sentenich und „hinter dem Thurm“ sind Ausweis der Scherbenfunde wohl um 1200 aufgegeben worden. Bei den ersten beiden dürfte es sich – trotz fehlender Reihengräberfelder – um Ortswüstungen handeln; anders bei der dritten: hier ist an eine Hofwüstung zu denken. Der Grund des Wüstwerdens ist letztlich nicht voll zu beantworten, doch scheint am ehesten eine Bevölkerungsverschiebung zugunsten des bedeutenderen Rübenachs stattgefunden zu haben. Vielleicht spielt der Faktor der Sicherheit eine Rolle, denn Rübenach hatte eine – wenn auch nicht starke – Befestigung, die 1347 das erste Mal genannt wird und einen zusätzlichen Schutz durch das Burghaus, das in seiner heutigen Form um 1250 stammt, das möglicherweise aber einen älteren Vorläufer hatte. Die der Wüstungen zugehörigen Fluren sind im Gegensatz zu den Siedlungen nicht wüst geworden, sondern in der Rübenacher Gemarkung aufgegangen.
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