Die alten Rübenacher Straßennamen

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1521

von Hans Gappenach

Heute – und vor 1970

– Aachener Straße – Hauptstraße, Koblenz-Mayener-Straße, Teilstück Bröckerweg
– Alemannenstraße – Mülheimer Straße, Bergstraße, („En der  Läihmkaul“)
– Am Ried – Wiesenweg
– Anderbachstraße – Schützenstraße
– Alte Straße – (Teilstück der ehemaligen Hauptstraße)
– Florianstraße – Jahnstraße, Raiffeisenstraße
– Gedächtnisstraße – Oberer Mühlenweg auch mal Adolf Hitler Straße
– Gotenstraße – Judengasse („Juddejass oder auch Jürre-jass“), Mittelstraße
– Grabenstraße – Bachstraße (nur Teilstück)
– Keltenstraße – Römerstraße („et Ströößje)
– Kilianstraße – Bubenheimer Weg, („Em Treechda“ = Trichter)
– Kruppstraße – Kolpingstraße, davor Kruppstraße, Mülheimer Straße
– Lambertstraße – „im Lombert“ (bis Grabenstraße), Bahnhofstraße, Dammstraße
– Mauritiusstraße – Backesgasse („Backesjass“), Kirchstraße, Hindenburgstraße
– Maximinstraße – Klosterstraße, Burgstraße
– Rosenbornstraße – Güterbahnhofstraße
– Trevererstraße – Gartenstraße
– Ubierstraße – Eifelstraße
– von-Eltz-Straße – Hundsgasse („Hondsjass“)
– Zwischen den Zäunen – Bogenstraße
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Die Bezeichnungen für die Straßen und Plätze einer Ortschaft sind wohl tagtäglich in aller Munde – bei einem besonders auffälligen Wort mag der oder jener gelegentlich einen Augenblick nachdenken –, für viele sind diese Namen heute jedoch sinnentleert und zum bloßen Verständigungsmittel herabgesunken. Dabei könnte man sich historischen Dokumenten gleichsetzen, in denen sich ein reicher Schatz früher Tatsachen und Gegebenheiten erhalten hat. Für den Volkskundler stellen diese Beziehungen kulturhistorisch, aber auch Sprach- und wortgeschichtlich eine wertvolle Quelle dar und er kann ferner in gewissen Grenzen die Geschichte eines Ortes oder einer Stadt an ihnen ablesen.

Wenn auch einem solch kleinen Dörfchen wie Rübenach in frühen Jahrhunderten gewiss keine allzu große Bedeutung zugekommen ist, so hat es doch eine geschichtliche Entwicklung und ebenso gewiss ist es auch, dass viele der heutigen Bewohner – Alteingesessene wie Neuzugezogene – dies interessiert.

Wer ahnt beispielsweise, dass Rübenach ehedem eine Befestigungsanlage hatte: die „Grabenstraße“ weist darauf hin. Am anderen Dorfende in Richtung Bubenheim gibt es eine Stelle, die heute noch bei alten Leuten das „Valder“ (= Walltor) heißt. Das Burghaus der Freiherrn von Eltz-Rübenach, an der „Burgstraße“ (jetzt: Maximinstr.) gelegen, geht auf den im Keller und Untergeschoss noch erhaltenen Grundstock eines alten Wohnturmes zurück. In dieser Gegend galt es, das Hofgut des Maximinkloster und die Kirche zu schützen.

Freilich war diese Befestigung kein Mauerbering wie ihn sich die Städte zu ihrem Schutz bauten; im übrigen hatten die Rübenacher Bürger zeitweise in Koblenz Mauerwachen sowie Leute zum Soldatendienst zu stellen und es ist anzunehmen, dass in Kriegs- und Krisenzeiten sie auch mit ihren Familien innerhalb der Koblenzer Stadtmauern Schutz gefunden hatten. Bei kleineren Bedrängungen und Fehden – aber als Schutz gegen das Eindringen von Tieren , etwa der Fuchs, Wolf u. ä. – konnte eine solche Graben- und Wallanlage mit den entsprechenden Palisaden, Brücken und Toren schon ihren Zweck erfüllen. In alten Quellen lesen wir häufig von dieser Rübenacher Befestigung, so beispielsweise 1637 vom „Graben Herrn Salentins von Isenburg“ und der „Brücke beim Ritter Herrn Brenner von Eltze“, 1476 wird der „Gemeyngraben“, 1479 der „große Graeffen“ erwähnt. Im Jahre 1441 verpflichteten sich die Karthäuser in einer Urkunde, Mannen zur Reinigung des Grabens in Rübenach zu stellen.

Über diese ehemaligen Begrenzungen ist Rübenach in den letzten Jahrhunderten mächtig heraus gewachsen. Der gemeindeeigene Wald, heute mehr als 4 Kilometer entfernt, reichte um 1830 noch bis an den Ort; der „Alte Waldweg“ gibt davon Kunde. Die „Trierer Chausee“, die „Hoch Straß“, die „Napoleons Straß“, wie sie auch der Volksmund nennt, verlief mitten durch den Rübenacher Wald. Dann begannen in den folgenden Jahrzehnten die großen Rodungen (beim Kirchenneubau), um Ackerland zu gewinnen.

Jahrhunderte lang war der Ort auch gleich bleibend klein. Im Jahre 1654 zählte er 400 Einwohner. Im Jahre 1785 waren es ganze 185 mehr. (Die Zahl 585 steht in einer Visitationsurkunde als Osterzählung der Kommunikanten. Es kämen also noch, da man damals mit 12 Jahren zur 1. hl. Kommunion geführt wurde, die jüngeren Kinder hinzu. Ihre Zahl könnte, aus anderen Berechnungen zu erschließen, etwa 70 – 100 betragen.) Entsprechend klein war natürlich auch der Ortskern.

Wer bis vor noch nicht allzu langer Zeit (Stand 1975) das Schild „Hinderburgstraße“ gelesen hat – und damit seien  alle anderen noch kurzlebigeren Politiker und politischen Strömungen, (Wie es im „tausendjährigen Reich“ die obligatorische „Adolf-Hitler-Straße“ gab, hatte Rübenach vorübergehend (1946/47) auch eine „Karl-Marx-Straße“.  Diese geschichtsträchtigen Fakten sollen keineswegs verschwiegen werden!) die allzu häufig und allzu gern in Straßenumbenennungen ergehen, gänzlich übergangen – muss wissen, dass es diesen Namen eigentlich nur für die Post gab. Bei den Rübenachern ist dies eine der alten Kernstraßen und jederzeit die „Backesjass“. Später hieß sie auch wieder offiziell so (jetzt: Mauritiusstraße). Das Backes war noch bis vor wenigen Generationen ein wichtiger Ortsmittelpunkt. Die Backesgasse wird oft in der Rübenacher Geschichte genannt; so bei dem großen Brand 1841, der dort ausbrach und der sie gänzlich vernichtete; sie wurde nachher denn auch breiter und gerade angelegt. Für alte Zeiten hat man sie sich so vorzustellen, wie heute noch die „Hundsgasse“ (jetzt: von-Eltz-Straße) oder die „Kirchstraße“ (jetzt: Mauritiusstraße), unbegradigt, mit Gefälle, eng, rechts und links von niedrigen Fachwerkhäusern umsäumt, wie sie dort in einzelnen Fällen sich heute noch finden. In diesem Ortsbereich war die „Juddejass“ später während einiger Jahrzehnte „Mittelstraße“ (heute: Gotenstraße) geheißen, eine ebensolche Straße; auch sie erhielt nach dem erwähnten Großbrand eine neue Führung und Anlage. Das gleiche gilt für die „Hauptstraße“ in diesem Gebiet; die „Alte Straße“ war die ehemalige Durchgangsstraße. Ebenfalls wie die Deutung des Namens „Hundsgasse“ (die es in vielen Dörfern gibt) bis heute von der Wissenschaft noch nicht geklärt ist, bereitet auch der Sinn des Namens „In der Lombert“ Schwierigkeiten, er könnte mit einem Personennamen, mit einer Familie, die dort wohnte, einen Zusammenhang haben; er könnte u. U. auch auf ein verballhorntes „Landwehr“ zurückgehen, oder an einen Abt des Klosters St. Maximin im 15. Jahrhundert erinnern, der den Vornamen Lambert trug.

Der Vollständigkeit halber müssen die Namen genannt sein, die weniger Originalität haben, die vielmehr als Ausfallstraßen zu den Nachbarorten führen: Da gibt es der „Winninger Weg“ der „Wolkener Weg“, den „oberen“ und “unteren Bessenheimer Weg“, den „Mülheimer Weg“ den „Bubenheimer Weg“ (jetzt Kilianstraße), den „Metternicher Pfad“, den „Gülser Weg“, den „Mayener-„ und den „Koblenzer Weg“ (jetzt Aachener Straße). Die Weiterführung der Koblenzer Straße zum „Bröckerbach“ hin, der „Bröckerbach Weg“, wurde erst Anfang des vorigen Jahrhunderts erbaut, trug damals den Namen „Neuer Weg“, wie dies häufig in Orten der Fall ist. Später bekam die heutige „Klosterstraße“ (jetzt Maximinstraße) diesen Namen und bekanntlicherweise trägt sie ihn bei vielen älteren Leuten noch heute (Stand 1975). (Das Kloster selbst wurde 1904 erbaut).

Interessanter sind die Bezeichnungen, die sich nach den alten Wasserstellen benannten. Da gibt es den „Buur“, der Platz, der zentral gelegen, die Haltestelle der Postfuhrwerke war, mit dem entsprechenden Wirtshaus für die Rast von Mensch und Tier. Im Unterdorf gab es das „Kümmchen“ (= Kümpchen, kleine Wasserstelle). Auf diesem Platz war auch der Haupt-Brannteweiher mit Spritzenhaus. Der „Wiesenweg“ (jetzt: Am Ried) und der „untere Mühlenweg“ führten zum „Wäschebuur“. Dorthin zogen an den Waschtagen die Frauen. Der „Schultheißwiesenweg“ und die „Bachstraße“ (jetzt: Grabenstraße), am Dorfbach vobei, in den alle Quellen ihren Überlauf hatten, führten gleichfalls in das Wiesengelände, das zum „Bröckerbach“ hin in ein weiteres supfiges und mit hohem Schilf bestandenes Niederungsgebiet auslief.

Interessant ist auch die ortsübliche, nur im Volksmund gebräuchliche Bezeichnung „Em Treechda“ (=Trichter).  Die Ortsansässigen meinen damit den vorderen Teil des „Bubenheimer Weges“ bis zum „Valder“ hin. Wahrscheinlich ist das Wort topographisch geprägt, da das „Kümmchen“ und der anschließende, ehemals sehr enge Straßenzug zusammengenommen ein trichterähnliches Bild ergeben. – Weitere alte Bezeichnungen, die nur in der Umgangssprache verwendet werden, sind „die Bretz“, als eine Stelle innerhalb der früheren Bahnhofstraße und die „Kieha“ (= ehemals große Straßenkehre am Kreuzungspunkt Koblenzer Straße/Eisenbahn). Die Römerstraße, als ein lange für sich liegender Siedlungsteil, hieß vorübergehend „et Ströößje“.

In früheren Jahren gab es noch zahlreiche Pfade innerhalb des Ortes, die nicht bebaut waren, teilweise nach Eigennamen benannt („Münnichs-Gäßchen = Verbindung zwischen Aachener Str. und Mauritiusstr.), teilweise auch ohne Namen oder mit solchen versehen, die man nicht gedruckt wiedergeben kann (Sch…pfad, jetzt Kanalstraße). Sie führten häufig durch Gartengelände und dienten in der Hauptsache dazu, bei Bränden auf kürzerem Wege als durch die größeren Straßen die Menschenreihen stellen zu können, um die Löscheimer zu reichen. Meist beginnen sie deshalb bei einer Wasserstelle oder einem Branntweiher, beispielsweise der „Binsel“, in dessen Verlängerung der „Huh Patt“ (= hoher Pfad), ferner der „Pöschpatt“ (Pfad zum Pesch, von pascinium = Weide).

Von den Wegen zu den vielen Mühlen, die zu Rübenach gehörten – acht an der Zahl trieb der Rübenacher Bach an – sind der „untere Mühlenweg“, der „Schleifmühlenweg“ und der „Doppelmühlenweg“ erhalten geblieben; im übrigen waren die Mühlenbezeichnungen selbst auch gleichzeitig Wohnplatznamen.

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Seit den letzten hundert Jahren hat Rübenach eine überragende Entwicklung durchgemacht. Ganze Gemarkungen wurden besiedelt, neue Straßen angelegt. Jedes Jahrzehnt hat seine Heubaugebiete; dem Kundigen entschlüsseln sie sich zeitlich an den neu zugeteilten Straßennamen: Die „Kruppstraße“ erinnert an den zu Kaisers Zeiten hoch im Kurs stehenden Industriellen, der zudem in Rübenach eine Tongrube betrieb. Eine „Römerstraße“ (jetzt: Keltenstraße) bekam um 1900 nahezu jeder Ort, weil man damals die Historie entdeckte zu haben glaubte. Die „Jahnstraße“ (wegen des dort befindlichen Feuerwehrhauses heute: Florianstraße), vorübergehend eine „Raiffeisenstraße“ und die „Kolpingstraße“ (heute wie im 19. Jahrhundert wieder: Kruppstraße) sind hier zu erwähnen. Die Umbenennung der „Hundsgasse“ in „von-Eltz-Straße“ gehört ebenfalls in diese historisierende Epoche.

Der Bau der Eifelbahn Koblenz-Mayen kurz nach 1900 brachte entsprechende Änderungen in die am Ortsrand gelegenen Gartengebiete, an die heute nur mehr die „Gartenstraße“ (jetzt: Treverstraße) und die von einer Gewann Bezeichnung übernommene Prägung „Zwischen den Zäunen“ erinnern: Die „Banhofstraße“ und die „Dammstraße“ (beide jetzt: Lambertstraße) und die „Güterbahnhofstraße“ (nach einem Flurnamen jetzt Rosenbornstraße) beweisen es. Damals wurde der Große Schießplatz angelegt und die Schützenstraße (jetzt: Anderbachstraße) nötig. Auch die „Bergstraße“ (später amtlich „Mülheimer Straße“, im Volksmund „En der Läimkaul“, heute: Alemannenstraße ist neueren Datums. Die Gedächtnisstraße (ehemals „oberer Mühlenweg“) erinnert an ein schweres Ortsschicksal in jüngerer Zeit.

Einige Male – und in der Gegenwart erfreulicherweise zunehmend – wurden auch alte Flurnamen und Gemarkungs- oder Gewann Bezeichnungen beibehalten bzw. zu neuen Straßennamen umgewandelt: „Im Binsel“ (= Gartengebiet), „Straußpfad“, „im Holler“ (ev. von Hollunder), „Märkerweg“ (von dem Flurnamenbegriff „Marke“); „im Weickert“ (= ein von Weiden bestandenes Gewann bzw. Ort, wo Weihe = Sperber, Milan, Bussard oder Falke ihre Horste hatten; „im Bungert“ (= Baumgarten, d. h. ein eingezäuntes Obstgartenstück; „im Pastorsch Bungert“ wurde seinerzeit die neue Pfarrkirche gebaut; „Schießerweg“ (abgeleitet von abschüssig = Feldweg mit steilem Rain); „Anderbachstraße“ (von der Flurbezeichnung „am Anderbach“, = am anderen Bach, = Nebenader des den Ort durchlaufenden Hauptbaches, aus dem „Otter“ kommend); „in der Grünwies“ (ein durch die Nähe des Baches besonders gut bewässertes Weidestück); „Rosenbornstraße“ (sicherlich keine „metaphorische Flurbezeichnung“, sondern „Ruusebuur“ = Born, = ein natürlich fließender Quellbrunnen, der durch einen wilden Rosenstrauch gekennzeichnet war); „am Ried“ (eine mit Riedgras bewachsene Stelle); „in der Klause“ (= Absperrung, zu deuten im Zusammenhang mit der Befestigungsanlage) („Klaußen“ hieß man früher die wehrartigen Einbauten in Baäche zum Zwecke der Wasseransammlung oder Verhinderung des Uferabbruchs. Wiewohl in den schrifl. Quellen nicht nachweisbar, ein Grund mehr dafür, von der Flurnamenkunde beigesteuert, der – auch nach Lage der Gewann – auf eine gut ausgebaute Rübenacher Befestigungsanlage schließen lässt. – Erwägenswert wäre ferner folgende Deutung: „Klause“ nannte man auch den „brett- oder keilförmigen Verschluss, mit welcher der Müller den Ablauf des Wassers aus dem Mühlenteich zu der zum Wasserrad führenden hölzernen Rinne absperrt, bes. um den Mühlenteich bei geringem Wasserstande am unteren Ende abzuschließen, bis soviel Wasser angesammelt ist, dass es für mehrere Stunden zum Betrieb der Mühle genügt“); „Zwischen den Zäunen“ (könnte auf zu solchen Befestigungen meist gehörende Palisaden hinweisen) (Die mittelalterlichen Dörfer waren in der Regel von einem sehr stabilen Holzzaun umgeben zur Abgrenzung des Friedens- und Rechtsbereiches, zum Schutz vor Feinden und wilden Tieren und bes. um das Auslaufen des eigenen Viehs in die Flur zu verhindern, so die Redensart „im Zaun halten“); „Münsterweg2 (= ehemaliger Feldweg, der in der Randgewanne der Rübenacher Flur und damit des Amtes der Bergpflege führte, wo sie an diejenigen des kurtrierischen Oberamtes Münstermaifeld angrenzte).

Derartige Namensgebungen darf man wohl als besonders sinnfällig bezeichnen, weil sie das Wissen um historische Belange über die Gegenwart hinaus weitergeben. Hierhin gehört vor allem auch die seltsame Bezeichnung „Sentnicher Weg“. Es gibt Überlegungen, nach denen der Stamm „Sand-„ darin enthalten sein könnte. Aber Volksetymologie und populärwissenschaftliche Deutungen wollen dieses Wort von „sancta terra“ (= heilige Erde) ableiten, weil zur Kelten- und Römerzeit dort ein Götterheiligtum gestanden habe. (Siehe auch „Das alte Keltenheiligtum“) Bodenfunde gerade in diesem sehr wasserreichen Gebiet lassen diese Erklärung dennoch nicht als so unsinnig erscheinen, wie sie zuweilen hingestellt wird.

Manchmal liest man auch, dass in alten Zeiten hier der Ort „Sentiniacum“ (nach anderer Meinung „ Zaunheim“) gelegen habe, der durch spätere Neugründung „Riviniacum“ dann verlassen wurde und zur Wüstung geworden sein soll.

Letztlich wurden Mutmaßungen laut, dass sich eine dritte Wüstung in diesem Gebiet befunden haben könnte, nach dem alten Flurnamen „Hinter dem Thurm“ benannt. Irgendwelche greifbaren Anhaltspunkte – ein Gräberfeld oder sonstige Hinweise – gibt es derzeit für diese Hypothese nicht, so dass sie vorerst ins Reich der Spekulation verwiesen werden muss.

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Als kleine Abschweifung und gleichsam als Schlussanhang mag es an dieser Stelle gestattet sein, noch einen Blick auf den Ortsnamen selber zu richten; der Volksmund weist die seltsamsten Deutungen: Rüben seien hier ehedem besonders angepflanzt worden; von dem lateinischen rupes (= Feld, Schlucht), von rivius (= Fluß, Bach) soll er abgeleitet sein, von ripa (= Ufer) und so noch an graue Vorzeiten erinnern, da Rhein und Mosel in flachem, breiten Bett dahinströmten und das Dorf „schon vor Koblenz“ am Ufer des sich hier vereinigenden Doppelflusses bestand. Nach anderer Auslegung soll ein römischer Patrizier namens Rufus in Rübenach als Befehlshaber der Besatzung residiert und der Ort so nach ihm den Namen „Rufiniacum“ erhalten haben. Solche volksetymologischen Erklärungsversuche sind natürlich nicht ernst zu nehmen. Zwar bleiben wir auf Mutmaßungen angewiesen, doch darf man (nach W. Kaspers) Rübenach (Rubiniacum) als sogenannten „-acum-Namen“ zum belegten Personennamen Rubinius, als Siedlung des (erschlossenen) Rubinius betrachten. Möglicherweise handelt es sich um die latinisierte Fassung eines gallischen Eigennamens. Das keltische Suffix –acum, das sich in „-acha“ wandelt, wurde später häufig als germanisch „aha“ = Wasserlauf aufgefasst. Funde im Ort und im Weichbild von Rübenach lassen den Schluss zu, dass die fruchtbare und geschützte Stelle an einem kleinen Wasserlauf immer besiedelt gewesen ist. Sprachgeschichtliche Deutungsversuche des Wortes Rübenach, die von verschiedenen Urkundenbeschreibungen im Mittelalter ausgehen (Rivenacum, Rivinacha, Rivenacho, Ribenahcho, Ryuenache, Ribanahha, Revenach, Ryvenach, Rovenah, Reuenah, Rivenak, Rievenich, Reffenach u. a.) wurden zwar schon versucht, brachten aber auch keine wissenschaftlich eindeutige Erklärung.

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Andere Gebiete, die gleich ergiebig zu untersuchen wären, sind, wie dies hier nur andeutungsweise geschehen, die alten „Flurbezeichnungen“, ferner die „Hausnamen“, die, neben den Familiennamen bei der eingesessenen Bevölkerung teils heute noch in Gebrauch, keineswegs etwa „Spitznamen“, sonder gleichsam „Übernamen“ darstellten.
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