Tradition und Fortschritt sind Partner in Rübenach

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Großer Festabend zur 1200-Jahrfeier in der Schützenhalle

von Klaus Lammai und Werner Reif

Das war schon ein Grund zum Feiern. Und alle, alle jubelten mit. 1200 Jahre – ein stolzes Ereignis für die ehemalige eigenständige Gemeinde, die zwar aus der Tradition heraus lebt, aber offen ist für die Notwendigkeiten der Zukunft. Dieser Wunsch, aber auch diese Feststellung waren der eigentliche Tenor des Festabends, der am Samstag, 23. August 1975 in der erweiterten Schützenhalle stattfand. Er wurde zu einem Manifest der Eigenständigkeit in einem größeren kommunalem Rahmen, ein Plädoyer für echten Bürgersinn und Dorfgemeinschaft innerhalb Koblenz.

Pastor Schon, der Entdecker des Geburtstages, freute sich: „Überall nur lachende Gesichter“. Er war glücklich darüber, dass der Funke der Festfröhlichkeit schon lange vor Beginn der Veranstaltung und vor den Eröffnungsfanfaren das Blasorchesters des Johannesgymnasiums Lahnstein übergesprungen war.

In der Tat nahmen viele Bürger und zahlreiche Gäste Anteil an der großen Geburtstagsfeier, die nicht alltäglich ist und zu der einst Karl der Große den Grundstein gelegt hatte.

Werner Reif, einer der Hauptorganisatoren der auch durch das Programm führte unterstrich die Fröhlichkeit: „Wir wollen froh sein, dass wir die Generation sind, die dieses Fest feiern kann. Wir wollen es gebührend begehen, nicht spektakulär, sondern nachhaltig“. Werner Reif hieß dann die vielen Ehrengäste willkommen, darunter viel Prominenz aus Politik, Geistlichkeit und Wirtschaft.

Die Festansprache zum Jubiläum hielt Regierungspräsident Heinz Korbach, der auch die Grüße der Landesregierung überbrachte.

„Was dieser Abend seine besondere Note verleiht, ist die Tatsache, dass die Initiative, das bedeutsame heimatgeschichtliche und zugleich kommunalpolitische Ereignis des Ortsjubiläums im Rahmen einer Festwoche zu begehen, von dem Rübenacher Pfarrge-meinderat und den Ortsvereinen ausgeht. Die Vereine haben damit nicht nur die landläufige Klischeevorstellung vom Vereinsegoismus widerlegt, sondern sie haben auch die Bedeutung der Vereine in unseren Tagen in besonderer Weise deutlich gemacht, als selbstständige Glieder unserer Gesellschaft an hervorragender Stelle mit dazu beizutragen, dass unser Gemeinwesen ein in sich gestaltetes und festes Gefüge bleibt“.

Regierungspräsident Heinz Korbach lobte das Gemeinschaftsgefühl der Rübenacher, jenen Geist ländlicher Gelassenheit und Behaglichkeit, in einer Zeit der Hast und Betriebsamkeit als einen Wert der heute besonders zu schätzen ist. „Kulturelle Werte werden leicht vernachlässigt und geraten schließlich ganz in Vergessenheit. Deshalb kommt dem Ereignis der 1200-Jahr-Feier von Rübenach eine hohe Bedeutung zu. Gerade uns ist es deshalb aufgetragen, mittel und Wege zu suchen, um aus der rasanten Entwicklung der letzten Jahrzehnte den größtmöglichen Nutzen zu ziehen. Dies wird uns aber nur in einer wohlverstandenen Verbindung von Tradition und Fortschritt gelingen; dies kann nur dann erfolgreich sein, wenn wir uns bei der Zukunftsplanung der hohen Werte bewusst sind, die sich durch eine lange Reihe von Generationen bis zu heutigen Tag in unseren Städten und Gemeinden lebendig erhalten hat“. Korbach erinnerte daran, dass jeder in der Gemeinschaft eingebunden sei und das öffentliche Wohl ein hohes Maß an Bereitschaft des einzelnen erfordert. „Wenn das 1200jährige Bestehen von Rübenach auf diesem Hintergrund uns allen und besonders der Jugend zum Bewusstsein bringt, dass eine glückliche und friedvolle Zukunft nur dann gesichert ist, wenn sich jeder einzelne für das ganze mitverantwortlich fühlt, so ist dies der größte und nachhaltigste Erfolg der Jubiläumsfeier“.

Lang war die Liste derer, die zum Geburtstagsfest gratulierten. Vertreter der Parteien, der Sparkassen, Politik, und kirchliche Würdenträger, darunter auch Kanonikus P. Müller aus dem Kloster St. Maurice am Genfer See. An der Spitze der Gratulanten stand das „neue“ Stadtoberhaupt der Rübenacher, Oberbürgermeister Willi Hörter, Er hob die enge Verbundenheit zwischen Rübenach und Koblenz schon vor der Eingemeindung hervor und betonte: „Die fünf Jahre noch der Eingliederung haben gezeigt, dass das Eigenleben des Ortsteils über alle Zeit erhalten geblieben ist und erhalten bleiben kann, wenn der Wille der Büger vorhanden ist. Die Rübenacher haben es bewiesen und fertig gebracht. Dass sich dieser Gemeinsinn erhalten hat ist ein Glück für Rübenach und auch wertvoll für die gesamte Stadt Koblenz. Ich wünsche uns allen, dass die 1200 Jahre Geschichte uns nicht von den Aufgaben von Morgen verschließt. Dass jedoch die Eigenart und der Bürgersinn erhalten bleibt, in die Zukunft hinein, innerhalb des nun größeren Verbandes“.

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Pastor Schon hatte es sich zur Aufgabe gemacht, allen offiziellen Gratulanten eine wertvolle Reproduktion einer Ortsansicht von Rübenach zu schenken. Heinz Kassung, Künstler aus Koblenz-Bubenheim, hat sie geschaffen. Auf unserem Bild wird OB Willi Hörter mit der Zeichnung geehrt.

Es wurde ein langer Festabend in Rübenach, denn die Organisatoren meinten es gut mit ihren Gästen. So gründlich wie sie alles vorbereitet hatten, so gönnten sie den Zuhören auch das Beste was Rübenach anzubieten hat: den Männergesangsverein, den Kirchenchor, die Tanzgruppe des Turnvereins und als Ur-Mutter Rübenach, Hilde Linden, mit einem Mundartvortrag. Zu den Besonderheiten des Abends zählten aber auch das Blasorchester des Johannesgymnasiums Lahnstein und nicht zu letzt Sonja Norin und Christof Norbert, die mit festlichen und fröhlichen Liedvorträgen die Jubelfeier verschönten.

Festliches Glockengeläute rief die Rübenacher an folgenden Sonntag zum Jubiläumsgottesdienst. Prälat Dr. A. Heintz, Kanonikus P. Müller und Pastor H. Schon feierten die Messe in Konzelebration. Kanonikus P. Müller erinnerte in der Predigt an die immer aktuelle Glaubenstat des hl. Mauritius. Der Kirchenchor sang die Missa brevis D-dur von W. A. Mozart mit Orchesterbegleitung. Nach dem Hochamt, an dem auch Baron Freiherr von Eltz-Rübenach teilnahm war eine Totenehrung am Denkmal.

Das Jubiläum klang aus mit bunten Darbietungen auf dem Schüt-zenplatz und einem vergnügtem Tanzabend in der Schützenhalle. Die weithin sichtbare Mauritiuskirche war an den Festtagen ange-strahlt und so auch in den klaren Augustnächten ein markantes Wahrzeichen des Ortes, der seine 1200-Jahr-Feier würdig begangen hat.

Glückwünsche über den Äther

Rund um den Globus vernahmen die Völker die 1200-Jahr-Feier des Koblenzer Stadtteils Rübenach. Der ganze Ortsteil stand im Zeichen des Festes und auch Paul Schwamm war voller Feststimmung. Als begeisterter Amateurfunker teilte er seine Freude über den Äther mit. Das Resultat war ungewöhnlich. Aus über 36 Ländern kamen Glückwünsche nach Rübenach. Funkpartner aus Johannisburg (Südafrika), New York (USA), Hiroshima (Japan), Nowosibirsk (Sowjetunion), dem Vatikan und anderen Städten gratulierten auf diese ungewöhnliche Weise zum Geburtstag.
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Logo 1200jahreQuelle Buch „Rübenach eine Heimatgeschichte“

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